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 von Jochen Esser, MdA - finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin

Spreedreieck: Investoren-Eldorado an der Friedrichstraße

Erst konnte die Finanzverwaltung ein Grundbuch nicht richtig lesen. Dann beherrschte die Bauverwaltung das kleine Einmaleins des Baurechts nicht. Am Ende stand ein Vermögensschaden von mindestens 24 Millionen Euro. Und das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Zwischen Spree und Bahnhof Friedrichstraße haben handwerkliche Fehler und politische Entscheidungen des Berliner Senats haben zu einer Situation geführt, in der das Land Berlin erpressbar geworden ist und die Interessen der Allgemeinheit auf der Strecke bleiben.

Weil der Senat ihm 2000 ein Grundstück verkaufte, das ihm nicht vollständig gehörte, verlangte der Hamburger Immobilienkaufmann Müller-Spreer nach Angaben des Senats im Jahr 2004 entweder eine Entschädigung in Höhe von 12 Millionen Euro oder zusätzliche Baurechte in Höhe von 10.000 Quadratmetern. Der Senat zahlte schließlich in Form von 8,7 Millionen Euro in bar und zusätzlichen Baurechten von 5.500 Quadratmetern.

Im Dezember 2007 stufte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg diese zusätzlichen Baurechte als offenkundig rechtswidrig ein. Höhe und Masse des Baus am Spreedreieck seien für die Nachbarn unzumutbar. Daraufhin konnten wiederum die Anlieger an der Friedrichstraße millionenschwere Entschädigungen und zuvor mit gutem Grund verweigerte Baurechte gegen den Senat durchsetzen.

Hausbesitzer an der Friedrichstraße müsste man sein!

Während die öffentliche Hand den Schaden hat, können sich die Investoren an der Friedrichstraße freuen. Insbesondere Müller-Spreer erlebte am Spreedreieck eine wundersame Wertvermehrung. Anfangs gehörte ihm ein Grundstück von 2.109 Quadratmetern. 17,2 Millionen Euro hatte er dafür bezahlt. Heute gehören ihm 6.292 Quadratmeter zwischen Sprre und Bahnhof Friedrichstraße. Das ist dreimal soviel wie vorherGekostet hat ihn dieser Flächenzuwachs keinen Cent.

Im Gegenteil, Müller-Spreer hat sogar Geld dabei gespart. 915.000 Euro musste er für den Erwerb des Tränenpalasts auf den Tisch legen. Die restlichen Grundstücke gab es umsonst. Und obendrein bekam er ja 8,7 Millionen Euro dafür, dass sein Gebäude nicht auf der Nord-Süd-Trasse der S-Bahn und dem dazu gehörenden S-Bahn-Eingang errichtet werden kann..

Bauen kann er aber trotzdem, und zwar ein gutes Drittel mehr als ursprünglich geplant und genehmigt. Anfangs sollte Müller-Spreers Gebäude auf 15.000 Quadratmetern Geschossfläche beschränkt werden und ca. 32 Meter hoch sein. Jetzt darf er ein Gebäude von 44,20 Metern mit einer Geschossfläche von 20.500 Quadratmeter hochziehen. Jeder einzelne zusätzliche Quadratmeter ist bares Geld wert, weil er auf ewige Zeiten zusätzliche Mieteinnahmen bringt. Gezahlt hat Müller-Spreer für diesen Gefallen ebenfalls keinen Cent.

Auch die Eigentümer des Sol Melia Hotels gegenüber auf der anderen Straßenseite haben keinen schlechten Schnitt gemacht. Erst trotzten sie dem Senat Kaufpreisminderungen von 6,9 Millionen Euro ab, dann kassierten sie eine Entschädigung von weiteren 4 Millionen Euro, weil das angeschwollene Gebäude von Herrn Müller-Spreer auf der anderen Straßenseite das Hotel verschattet.

Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorgänge kommt!

SPD und Linkspartei bemühen zur Erklärung des Desasters in immer neuen Variationen das berühmte Fußballerwort: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu!“ Damit können und werden wir Bündnisgrüne uns nicht zufrieden geben.

In den Sitzungen der zuständigen Ausschüsse hat sich nicht klären lassen, inwieweit bei den Senatsentscheidungen zwischen 2000 und 2008 Dilettantismus oder politischer Wille Pate gestanden haben. Um den Sachverhalt aufzuklären, Lehren für die Zukunft zu ziehen, Verantwortliche festzustellen und Regressansprüche zu prüfen, hat die Opposition ihr Recht wahrgenommen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Das wird ein langer und beschwerlicher Weg. Meterdicke Akten sind zu wälzen. Die mit dem Fall befassten Beamten sind anzuhören und ebenso die Privatinvestoren an der Friedrichsraße. Nicht zuletzt sind die im fraglichen Zeitraum verantwortlichen Senatoren Peter Kurth (CDU), Peter Strieder (SPD), Tilo Sarrazin (SPD) und Ingeborg Junge-Reyer (SPD) eingehend zu befragen.

Hoffen wir, dass am Ende des Weges klare Sicht auf die Vorgänge rund um das Spreedreieck möglich wird, und es nicht wieder – wie so oft bei Untersuchungsausschüssen – heißt: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus.“ Wir Bündnisgrünen werden jedenfalls alles dafür tun, dass der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vermögens- und Baupolitik an der Friedrichstraße ein Erfolg wird.

Berlin,  im April 2008

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